Dieses Tutorial zeigt, wie Sie mit dem Werkzeug „Kantenfüller“ gezielt ausgefranste oder ungenaue Übergänge an Objektkanten in der Tiefenmap korrigieren können. Es eignet sich besonders für Bereiche, in denen automatische Verfahren versagen und eine manuelle, präzise Nachbearbeitung erforderlich ist.
© Bernd Paksa 2025 |
Depth Map Editor Bedienungsanleitung Tutorial 01 Einführung und Bildauswahl Tutorial 02 Masken erstellen Tutorial 03 Werkzeug Füllmodus Füllen Tutorial 04 Werkzeug Füllmodus Heben/Senken Tutorial 05 Ein Objekt Schwenken Tutorial 06 Kanten füllenTutorial 07 Höhenlinien |
Inhaltsverzeichnis
- Einführung: Kanten füllen.
- Das Werkzeug „Kantenfüller“.
- Anwendung des Kantenfüllers.
- Korrektur am Beispielbild B0080 „Soldatenara“
- Das Pinselwerkzeug
- Fazit
- Bearbeitung am Bild B0050 „Laterne Altstadt Utrecht“ fortsetzen
Einführung: Kanten füllen
In diesem Tutorial behandeln wir ein weiteres häufiges Problem, das bei mit DepthAnythingV2 erzeugten Tiefenkarten (Depth Maps) auftreten kann. Werden im Bild freistehende Objekte vor einem weit entfernten Hintergrund dargestellt, erscheinen die Kanten dieser Objekte manchmal ausgefranst. Solche Artefakte treten besonders oft an Dachkanten, Schornsteinen, Turmspitzen und ähnlichen Strukturen auf.
Als Beispiel verwenden wir das Bild B0080, das mir freundlicherweise von Stephan Schulz für dieses Tutorial zur Verfügung gestellt wurde. Es zeigt einen Soldatenara vor schönen blauem Himmel. In der Anaglyphenvorschau sieht das Bild jedoch weniger schön aus – dort zeigen sich die besagten Fehler sehr deutlich.
Wodurch entstehen diese Artefakte?
Zoomen Sie bitte auf die obere Flügelspitze und drücken Sie mehrmals die Taste F2. Sie werden feststellen, dass die Kanten der Tiefenkarte nicht überall exakt mit den Objektkanten im Bild übereinstimmen. Um das Problem noch deutlicher zu machen, maskieren wir den Ara:
- Stellen Sie mit der Taste F2 die Bildansicht ein.
- Wählen Sie in der oberen Leiste den Modus Subtraktive Maske (Symbol:
).
- Aktivieren Sie das Zauberstab-Werkzeug (siehe Tutorial 2, linke Leiste, Flyout).
- Stellen Sie die Erkennung auf Farbe.
- Setzen Sie die Toleranz auf den Wert 20.
- Klicken Sie auf den blauen Himmel.
- Blenden Sie die grüne Maskenüberlagerung aus (Taste F9 oder
).
- Zeigen Sie den Maskierungsrahmen an (Taste F10 oder
).
Sie sehen nun, dass der Maskenrahmen das Objekt sauber umschließt. Man würde erwarten, dass auch die Tiefenkarte diesen Bereich vollständig abdeckt. Wenn Sie jedoch das Bild mit der Taste F2 ausblenden, wird sichtbar, dass dies nicht überall der Fall ist – besonders an den Flügelspitzen und den Vorderkanten der Flügel. Die dunklen Bereiche der Tiefenkarte dringen zu weit in das Objekt ein. Da die Bildflächen zum Vordergrundobjekt gehören, werden sie fälschlicherweise auf dem Hintergrundobjekt, also auf dem blauen Himmel, abgebildet.
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Diese fehlerhaften Übergänge erscheinen im Anaglyphenbild als unschöne Schlieren. Deutlich wird das, wenn Sie die Anaglyphe mit der Taste F3 transparent überlagern (Opazität ca. 40 %).
Wie kann man das Problem beheben?
Mit den bisher vorgestellten Werkzeugen gestaltet sich eine saubere Korrektur dieser Kantenprobleme recht aufwendig. Zwar ließe sich ein kleiner Pinsel einsetzen, um die fehlerhaften Bereiche entlang des Maskenrahmens manuell zu korrigieren, doch dieser Ansatz bringt mehrere Schwierigkeiten mit sich:
- Präzision erforderlich: Der Pinsel müsste sehr genau entlang des Maskenrahmens geführt werden, da sonst entweder zu viel oder zu wenig Fläche übermalt wird.
- Ständiges Anpassen des Füllwerts: Der Tiefenwert (Füllwert), den man beim Malen verwendet, müsste kontinuierlich an die tatsächliche Tiefe des Objekts angepasst werden – insbesondere wenn die Tiefe entlang der Kante variiert.
- Mehrere Durchgänge nötig: Da die Fehler oft sowohl innerhalb als auch außerhalb des Maskenbereichs auftreten, müsste man das Prozedere zweimal durchführen:
- Einmal innerhalb der Maske, um zu dunkle Stellen zu übermalen,
- und ein weiteres Mal mit invertierter Maske, um störende helle Ränder außerhalb des Objekts zu korrigieren.
Dieser manuelle Ansatz ist nicht nur zeitintensiv, sondern auch anfällig für Ungenauigkeiten – vor allem bei komplexen oder stark gezackten Kanten.
Genau für diesen Anwendungsfall wurde das Werkzeug „Kantenfüller“ entwickelt.
Es übernimmt all diese Schritte automatisiert:
- Es erkennt den Maskenrahmen und richtet sich automatisch daran aus.
- Es misst die Tiefenwerte innerhalb und außerhalb der Maske an der jeweils aktuellen Position.
- Es passt die Füllung dynamisch an die lokalen Tiefenverhältnisse an.
- Und es füllt gezielt nur dort, wo tatsächlich Artefakte vorliegen – entlang eines schmalen Bereichs beidseits der Kante.
Damit lassen sich typische Kantenprobleme mit wenigen gezielten Mausbewegungen deutlich schneller und präziser beheben als mit einem herkömmlichen Pinselwerkzeug.
Das Werkzeug „Kantenfüller“
Der Kantenfüller funktioniert ähnlich wie ein Pinsel, rastet jedoch automatisch am nächstgelegenen Maskenrahmen (sichtbar mit Taste F10 oder ) ein. Der Mittelpunkt des Werkzeugs bewegt sich dabei entlang des Rahmens.
Lesepositionen Innen (rot) und Außen (blau)
Zwischen dem Mittelpunkt und den beiden Schnittpunkten mit dem Rahmen werden entlang der Winkelhalbierenden die Tiefenwerte innerhalb (rotes Linienende) und außerhalb der Maske (blaues Linienende im grün maskierten Bereich) ausgelesen – in der Regel also vom Objekt und dessen Hintergrund. Bei gedrückter linker Maustaste werden die angrenzenden Bereiche entsprechend der gemessenen Tiefenwerte gefüllt.
Auswahl und Modi
Sie finden den Kantenfüller in der linken Werkzeugleiste im Flyout-Menü (Symbol: ,
oder
). Er ist in drei Varianten verfügbar:
Symbol |
Bezeichnung |
Beschreibung |
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Kantenfüller (von innen) |
Füllt nur den inneren (transparenten) Teil der Maske |
![]() |
Kantenfüller (von innen und außen) |
Füllt beidseitig des Maskenrahmens |
![]() |
Kantenfüller (von außen) |
Füllt nur den äußeren (grün überlagerten) Teil der Maske |
Die Werkzeuggröße kann wie beim normalen Pinsel mit Strg oder Shift + Mausbewegung oder direkt über das Eingabefeld „Größe“ in der oberen Leiste angepasst werden.
Zum Füllen bewegen Sie die Maus bei gedrückter linker Maustaste entlang der Kante.
Anwendung des Kantenfüllers
Wenn in Ihrem Bild die beschriebenen Artefakte auftreten, gehen Sie folgendermaßen vor:
- Maskieren Sie die betroffenen Kanten (positiv oder negativ – beides ist möglich). Es braucht nicht das ganze Objekt Maskiert zu werden.
- Zoomen Sie auf die fehlerhafte Kante.
- Blenden Sie das Bild aus (Taste F2).
- Deaktivieren Sie die Maskenüberlagerung (Taste F9 oder
) und aktivieren Sie den Maskenrahmen (Taste F10 oder
).
- Stellen Sie die Werkzeuggröße so klein wie möglich, aber so groß wie nötig ein, um alle fehlerhaften Bereiche zu erfassen.
- Wählen Sie den passenden Füllmodus. (Flyout oder obere Leiste
,
oder
).
- Füllen Sie ggf. Innen- und Außenbereich nacheinander mit entsprechend angepasster Werkezuggröße.
- Passen Sie die Werkzeuggröße während des Füllens bei Bedarf an - insbesondere dann, wenn Sie in Bereiche gelangen, wo die Abweichung zwischen Tiefenmap und Objektkante nicht mehr zur aktuellen Pinselgröße passt.
- Überprüfen Sie das Ergebnis in der Vorschau und im finalen Bild (siehe Tutorial 1, Abschnitt „Batch-Datei einrichten“).
Korrektur am Beispielbild B0080 „Soldatenara“
Gehen Sie wie folgt vor, um das Beispielbild zu korrigieren:
- Erstellen Sie die Maske wie zuvor beschrieben.
- Glätten Sie den Maskierungsrahmen (obere Leiste, Symbol:
).
- Vergrößern Sie den Rahmen durch dreifaches Aufblasen der Maske (obere Leiste
), sodass alle Kanten erfasst sind.
- Blenden Sie das Bild mit Taste F2 (Monobild) und Taste F3 (Anaglyphe) aus.
- Zoomen Sie auf die Flügelspitze, bis Sie einzelne Pixel der Tiefenkarte erkennen.
- Positionieren Sie das Werkzeug an einer Stelle mit zu tief reichender Dunkelheit in der Tiefenkarte.
- Passen Sie die Werkzeuggröße so an, dass der hellblaue Kreis die gesamte dunkle Fläche überdeckt, die gefüllt werden soll. (Maus mit linker Taste sowie gedrückter Shift- oder Strg-Taste nach oben oder unten ziehen; z. B. Größe 16).
- Füllen Sie die Kanten durch gleichmäßiges Ziehen entlang des Rahmens.
Wichtige Hinweise:
- Ziehen Sie die Maus nicht zu schnell – sonst entstehen Lücken.
- Folgen Sie Einbuchtungen stets außen, um ein „Springen“ des Werkzeugs zu vermeiden.
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- Bei spitzen Einbuchtungen ggf. zwei Mal ansetzen und dabei in Richtung Spitze füllen.
- In spitzen Einbuchtungen kann es vorkommen, dass einzelne Bereiche beim Füllen vollständig übersprungen werden.
Lässt sich das Problem nicht durch Vergrößern des Werkzeugs beheben, weil die Füllfläche dabei zu weit in das Objekt hineinragen würde, können Sie diese Stellen gezielt mit dem Pinselwerkzeug korrigieren (Details dazu im Abschnitt „Das Pinselwerkzeug“ weiter unten). - Überprüfen Sie das Ergebnis sowohl in der Vorschauansicht als auch im finalen Bild (siehe Tutorial 1, Abschnitt „Batch-Datei einrichten“).
- Sollten im finalen Bild weiterhin Artefakte sichtbar sein, können Sie die Maske erneut leicht aufblähen und die Korrektur an den betroffenen Stellen wiederholen (z. B. an den vorderen Flügelkanten).
Bei diesem Bild funktioniert das Verfahren sehr gut, da der Himmel keine störenden Strukturen aufweist.
Bei anderen Motiven müssen Sie möglicherweise einen Kompromiss finden – oder dem finalen Bild mithilfe eines externen Programms, wie etwa Tool_3D_Cloning, den letzten Feinschliff verleihen.
Das Pinselwerkzeug
Für kleinere Korrekturen – besonders in spitzen Ein- oder Ausbuchtungen – eignet sich das Pinselwerkzeug.
Das Pinselwerkzeug wird über das entsprechende Symbol () in der linken Leiste aktiviert. Mit diesem Werkzeug lassen sich beliebige Bereiche innerhalb der Maske (der transparente Bereich bei aktivierter Maskenüberlagerung,
Taste F9) mit dem aktuell eingestellten Füllwert (Werkzeug-Panel, rechte Seite Reiter „Werkzeug“) bearbeiten.
Neben der Pinselgröße können in der oberen Leiste auch Transparenz und Randverlauf eingestellt werden. So lassen sich weiche Übergänge an den Kanten des Pinselstrichs erzielen.
Vorgehensweise:
- Zoomen Sie auf die fehlerhafte Stelle.
- Wählen Sie das Pinselwerkzeug (linke Leiste, Symbol:
).
- Stellen Sie eine geeignete Größe, Transparenz (z. B. 10) und einen sanften Randverlauf (z. B. 20) ein.
- Erstellen Sie ein Füllwerkzeug (siehe Tutorial 3), z. B. mit dem Namen „Randkorrektur“:
- Füllmodus: Füllen
- Füllwert von: Konstante
- Stellen Sie mit Hilfe der Pipette (rechts neben dem Eingabefeld Wert, Symbol
) einen Füllwert ein. Klicken Sie dazu mit der Pipette auf den Rand des zu füllenden Bereichs.
- Wählen sie das Pinselwerkzeug (linke Leiste Symbol
)
- Überzeichnen Sie die betroffenen Stellen mit gedrückter linker Maustaste.
- Bewegen Sie sich zur nächsten Problemstelle und zoomen Sie heran. Wiederholen Sie anschließend die letzten drei Schritte.
Fazit
Am Ende sollte das Bild ohne störende Artefakte und mit sauberen Übergängen dargestellt werden. Hier nun die jeweils finalen Fassungen.
Vorher:
Nachher:
Bearbeitung am Bild B0050 „Laterne Altstadt Utrecht“ fortsetzen
Im Tutorial 4 haben Sie im Bild B0050 bereits die Laterne etwas nach hinten verschoben. Nun geht es darum, die ausgefransten Kanten am Lampengehäuse und entlang des Mastes zu korrigieren.
Mit dem bisher Gelernten sollten Sie die Herausforderungen, die dieses Bild an Sie stellt, problemlos meistern können.
Setzen Sie die Bearbeitung von Bild B0050 wie folgt fort:
- Rufen Sie im Menü „Datei“ den Punkt
„Bearbeitung fortsetzen…“ auf.
- Öffnen Sie im DME-Verzeichnis die Datei „B0050_*.dmap“.
- Erstellen Sie mit Taste F5 oder obere Leiste
eine neue Maske und Füllwerkzeug mit dem Namen „Laterne Kantenkorrektur“ (siehe Tutorial 2)
oder alternativ:- Importieren Sie die Maske „Laterne Kantenkorrektur.png“ (Kontextmenü
der Maskenauswahl ) aus dem Verzeichnis: \Bilder\Masken\B0050\.
- Erstellen Sie ein neues Füllwerkzeug für die Kantenkorrektur (siehe Tutorial 3 bzw. oben den Abschnitt „Das Pinselwerkzeug“).
- Importieren Sie die Maske „Laterne Kantenkorrektur.png“ (Kontextmenü
- Bereiten Sie das Füllwerkzeug für die Randkorrektur mit dem Pinselwerkzeug vor (siehe Abschnitt „Das Pinselwerkzeug“):
- Füllmodus: Füllen
- Füllwert von: Konstante
- Glätten Sie den Maskierungsrahmen über die obere Leiste (Symbol:
).
- Füllen Sie nun, wie zuvor gelernt, die Kanten rund um Laterne und Mast.
- Korrigieren Sie mit dem Pinselwerkzeug insbesondere die größeren Problemzonen am oberen Teil des Lampengehäuses.
- Überprüfen Sie das Ergebnis im Vorschaubild und im finalen Bild.
- Führen Sie gegebenenfalls weitere Korrekturen durch.
Am Ende sollte das Bild in etwa so aussehen:
Das nächste Tutorial (Nr. 7) ist optional. Es behandelt einen speziellen Anwendungsfall: die Generierung einer Tiefenmap aus einer Landkarte mit Höhenlinien. Ein solches 3D-Bild kann z. B. als Titelbild dienen, um anschaulich darzustellen, über welche steilen Berge Ihre letzte Wanderung führte.
In manchen Fällen lassen sich auch Tiefenmaps mit dieser Methode korrigieren.